Die Entstehung eines spontanen Ölportraits – gemalt von Stephan Ois
Ein Text von Jonathan Seiffert
Als ich Stephan Ois vor einiger Zeit kennenlernte, war ich sogleich von seiner Malerei, besonders von den lebendigen und ausdrucksstarken Ölportraits, begeistert. Hatte ich die factory18, Stephans Galerie und Kunstwerkstatt, Anfang des Jahres noch als Kunde betreten, arbeitete ich zwischenzeitlich als Assistent bei ihm und durfte währenddessen einigen Mal-Sessions, unter anderem einer Portraitsitzung des Rektors der Boku, beiwohnen. Des Öfteren überlegten wir, auch mich einmal zu portraitieren, konnten jedoch keinen geeigneten Zeitpunkt dafür finden.
Dann ging es auf einmal ganz schnell. Eines abends schlug Stephan vor, mich spontan an Ort und Stelle zu malen, was mich überraschte, da der Portraitkünstler seine Portraits normalerweise sorgsam plant und vorbereitet. So schaute ich zunächst voller Skepsis zu, wie er durch die factory schritt und alle zu benötigenden Materialen zusammentrug: einen alten Keilrahmen, eine schon auf den ersten Blick viel zu kleine Leinwand, die fast eingetrocknete Farbpalette eines vorherigen Gemäldes und natürlich den Malkoffer mit den Farben und Pinseln. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie daraus ein Portrait entstehen sollte, denn all dies widersprach der Arbeitsweise, wie ich sie bisher bei ihm kennengelernt hatte. Einzig das Mischen neuer, sauberer Farben, die auf meine Haut- und die Umgebungstöne abgestimmt waren, beruhigten mich etwas. Doch dann traten erneute Zweifel auf, als ich sehen konnte, dass er gar nicht meinen ganzen Kopf, sondern nur den oberen Part meines Gesichtes in wilden Strichen wiedergab. Zwischendurch kratzte er mit der Spachtel einige Teile der alten Farbpalette ab und schmierte die erhärteten Reste in mein gemaltes Gesicht.
Dann war plötzlich Schluss. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht forderte er mich auf, das Resultat zu betrachten. Etwas verunsichert durch die kurze Dauer des Malens und die verwendeten Materialen, wagte ich einen ersten Blick… und war auf Anhieb begeistert! Der freie Charakter des Portraits wurde durch die pastosen Bereiche mit den alten Farbresten und die wilde Pinselführung über den Bildrand hinaus nicht nur verstärkt, sondern vielmehr abgerundet. So entstand ein kleines Meisterwerk, auf das ich sehr stolz bin und das immer einen besonderen Platz bei mir haben wird.
Weitere Portraits in Öl vom Portraitkünstler Stephan Ois kann man auf www.ölportrait.at bewundern.